20minuten: Überlebenskampf in der Tiefsee

«Sie kämpfen mit Übelkeit, können hyperventilieren und werden bewusstlos»

Das beim Titanic-Wrack verschollene Touristen-U-Boot könnte mehr als 3000 Meter unter dem Meeresspiegel liegen. Die Überlebenschance wird als gering eingeschätzt. Ein Survival-Experte ordnet ein. 

Herr Lusser, wie schätzen Sie die Überlebenschancen ein?

Mittlerweile ist sehr viel Zeit vergangen und die Sauerstoffreserven in einem so kleinen und engen Boot, mit verhältnismässig vielen Passagieren, gehen langsam aber sicher zur Neige. Daher darf man wohl noch auf eine wundersame Rettung hoffen, muss aber davon ausgehen, dass dieses Wrack nicht mehr rechtzeitig geortet und geborgen werden kann.

Was sind weitere belastende Faktoren?

Niemand weiss genau, wo sich das Boot befindet und in welchem Zustand es ist. Es ist davon auszugehen, dass es sich tief unterhalb der Meeresoberfläche befindet, da das Ziel in 3800 Metern Tiefe liegt. Nebst Sauerstoffmangel setzt auch eine Unterkühlung ein. Das Wasser ist in dieser Tiefe etwa vier Grad kalt. Hinzu kann eine langsam aber sicher einsetzende Panik kommen. Die komplette Finsternis trägt ihren Teil dazu bei. 

Was heisst das genau?

Grundsätzlich sollten alle ruhig bleiben, Stress und Panik vermeiden, ruhig atmen und unnötige Aktivitäten vermeiden. Es werden aber vermutlich kaum alle Passagiere regungslos dasitzen und warten. Es ist aber auch nicht so, dass die Leute in der Regel direkt in Panik verfallen. Die erfahrenen Mitglieder an Bord werden sich wahrscheinlich ihrer Rolle bewusst werden und darum bemüht sein, die anderen Passagiere zu beruhigen und klare Anweisungen zu geben. Erst wenn den Leuten wirklich bewusst wird, dass es das war, kann es zu grossangelegter Panik kommen.

Wie könnten die letzten Stunden aussehen?

Während unnötiger Stress zu einem schnelleren Verbrauch des Sauerstoffs führt, fällt das Atmen wohl immer schwerer. Die Insassen bekommen starke Kopfschmerzen. Sie kämpfen teilweise mit Übelkeit, können hyperventilieren und werden bewusstlos. Schliesslich geht der Sauerstoff aus. Wie die letzten Stunden aber genau aussehen, kann man nur vage beschreiben. Auch wenn Marine-U-Boot-Fahrer aller Länder weltweit solche Szenarien in ihren Ausbildungen thematisieren, bleibt es in er Regel eine Theorie, da es für jeden etwas ganz Individuelles ist. Da es sich hier nicht um eine gedrillte und ausgebildete Mannschaft handelt, sondern um eine mehr oder weniger zusammengewürfelte und unerfahrene Gruppe, muss man davon ausgehen, dass es nicht ganz so ruhig vonstattengehen wird, wie in der Literatur beschrieben.

Quelle: 20 Minuten

Autorin: Michelle Ineichen

Direktlink: https://bit.ly/3NkJo3J 

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